Foto: © studio157| Thomas Ahrendt
Dialekt-Songs sind so alt wie die Popmusik. Die Beatles brachten das breite Liverpool-Englisch nach Amerika und Mick Jagger importierte den Südstaaten-Akzent des Blues nach London - wenn er nicht ein gepflegtes Cockney sang. Hierzulande aber wurde hochdeutsch gesungen - Dialekt gab es allenfalls bei Shanties oder in bayerischen Bierzelten. Popbands behalfen sich in den 60er Jahren mit ihrem meist dürftigen Schulenglisch.
Vor 1970 spielten die Mitglieder der BLÄCK FÖÖSS in diversen Beat-Formationen, bevor sie als STOWAWAYS ihre endgültige Besetzung fanden. Auf Karnevalsbällen spielte die Gruppe die Hits der BEATLES, der KINKS und der HOLLIES. Natürlich waren auch Karnevalslieder gefragt, und so erklangen die ersten kölschen Töne. Graham Bonney, mit dem die Stowaways im Studio arbeiteten, schlug ihnen vor, doch einen dieser Titel aufzunehmen. Ihren guten Namen als Beat-Gruppe wollte die Band allerdings nicht unter den ersten kölschen Titel "Rievkooche-Walzer" setzen - deshalb wurde der Parallel-Name "DE BLÄCK FÖÖSS" erfunden, weil er "englisch und kölsch zugleich klang". Die erste kölsche Single der Gruppe wurde nicht mehr als ein Achtungserfolg - ganze 2000 Stück wurden davon verkauft. Die Stowaways hatten Angebote von drei Plattenfirmen, aber keine wollte kölsche Lieder haben - es sollte englisch gesungen werden. Der zweite Bläck Fööss- Titel "Drink doch eine met" wurde überall abgelehnt - auch von der Kölner EMI. Schließlich veröffentlichte ausgerechnet die BASF in Ludwigshafen das Lied, das sofort ein Publikumserfolg wurde. Bald waren DE BLÄCK FÖÖSS bei den Karnevalssitzungen und -bällen sehr gefragt, nur die Gesellschaften waren durch das Äußere der Gruppe irritiert: langhaarig, in Jeans und barfuß (um dem Gruppennamen gerecht zu werden) tauchte die Band mit E-Gitarren und Verstärkern in den heiligen Hallen des Kölner Frohsinns auf. Unbekümmert hatten die Bläck Fööss das Idiom Willi Ostermanns mit Popmusik unterlegt und das Publikum mochte es!
Seitdem haftet der Gruppe bei manchen Leuten das Image einer Karnevalsband an - wird doch in weiten Teilen Deutschlands Kölsch mit Pappnase und Schunkeln gleichgesetzt. Dabei zeigen die Bläck Fööss mit vielen ihrer Lieder, die sie im Karneval spielen, daß Frohsinn nicht besinnungslos sein muß, und so paßten den Traditions-Jecken auch viele ihrer Themen nicht: Titel wie "De Mama kritt schon widder e Kind", die Bundeswehr-Ballade "Am Arsch der Welt" oder das historische "Kackleed" waren den Offiziellen zu direkt. Zur Zeit des "Rievkooche-Walzers" arbeiteten die Bläck Fööss sehr intensiv für den Kinder-Funk, und sie glauben heute, daß diese Erfahrung einen starken Einfluß auf ihre Lieder hatte. Dazu sagt Sänger und Gitarrist Erry: "Wir haben damals gelernt, daß nicht nur die Musik, sondern auch die Geschichte stimmen muß. Darauf achten Kinder besonders, und das ist auch bei den Erwachsenen nicht anders - die Leute wollen den Text verstehen."
Die Bläck Fööss spielten mehrere Jahrzehnte hindurch auch oft regelmäßig in Schulen und Kindergärten. Dabei entstanden u.a. Lieder wie "Meiers Kättche", "Pänz, Pänz, Pänz", "Rollbrett" und "Achterbahn". Die Gruppe beeindruckt neben der gekonnten Stilvielfalt ihrer Musik von Folk, Jazz, Gospel, Funk, Rock, Calypso, Rap und ausgefeilte Schlagermelodien durch die Geschichten und Figuren ihrer Lieder, die aus der genauen Beobachtung ihrer kölschen Umgebung entstanden. Sie erzählen vom Alltagsleben, ohne dabei ins unverbindliche "Menschlich-Allzu- menschliche" abzugleiten. Andererseits ist die kritische Zeichnung ihrer Mitmenschen nicht denunziatorisch - sie machen sich nicht über die Leute lustig - die Leute sollen über sich selber lachen können, wenn sie sich in den Liedern als "Lück wie ich un du" erkennen. Dem deutschen Hausmeister setzten sie mit "Kaczmarek", dem Siedlungskontrolletti ein Denkmal; ihr Gesangsverein "MGV Concordia" hat eine leichte, alkoholbedingte Schlagseite, in der "Kaffeebud" kommt es zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen all den Rechthabern in der Frühstückspause und auch die Heroen des deutschen Schlagers bleiben in "Moni hat geweint" nicht ungeschoren. Eine heile Welt malt die Gruppe in ihren Liedern trotz aller Liebe zu ihrer Stadt dennoch nicht: "Zille auf Kölsch" hat ein Tontechniker ihre Songs einmal genannt. Zu aktuellen Themen, wie Umweltzerstörung, Ausländerhaß und verdrängter deutscher Vergangenheit nehmen die Bläck Fööss Stellung - auch im Bierzelt, wo man das nicht immer gern hört. Obwohl die Gruppe es nicht allen recht macht, hat sie ein großes Publikum: Ob bei Konzerten im traditionsbewußten Kölner Millowitsch-Theater, in der Kölner Philharmonie, auf Straßenfesten, in Schulen, bei Bürgerinitiativen oder im Bierzelt. Und auch in den gestylten Neonkneipen ertönen zwischen den aktuellen Szenehits ihre Songs "Katrin", "Bye, bye, my love", " en unserem Veedel", "Unsere Stammbaum", "Die nächste Rund" etc.
Wer mit dem Weggang von Tommy Engel 1994 bereits das Ende der Band besiegelt sah, der mußte sich in den darauffolgenden Jahren eines besseren belehren lassen. Die Legende lebte weiter- und wie...
Schon 1994 war Schlagzeuger Ralph Gusovius zur Band gestoßen, 1995 kam Sänger Kafi Biermann als Nachfolger für Tommy hinzu und 2005 trat Keyboarder Andreas Wegener an die Stelle Willi Schnitzlers. Zum Jahreswechsel 2016/2017 stand dann Kafi Biermann nach mehr als 20 erfolgreichen Jahren als Sänger zum letzten mal auf der Bühne bei der traditionellen Silvesterparty in der Lanxessarena. Für ihn folgte 2017 Mirko Bäumer (ehemals Sänger der „Queenkings“) und an Stelle von Peter Schütten ist - seit 2017 - Pit Hupperten (Gitarre, Gesang) mit dabei. Seit 2019 spielt Hanz Thodam an Stelle von Hartmut Priess den Bass und Gitarrist Christoph Granderath stieß als achter Musiker zu den Fööss.
Im Jahr 2022 feierte die Band vor mehr als 20.000 Zuschauern ihr 50+2 jähriges Jubiläum mit drei ausverkauften Konzerten auf dem Roncalliplatz im Schatten des Kölner Doms. Beim Silvesterkonzert 22/23 in der Lanxessarena verabschiedeten sich dann nach 52 Jahren Bömmel und Erry von der Band, Gus trommelte noch bis Ende der Karnevalssession 23 und gab dann nach 29 Jahren als Schlagzeuger der Bläck Fööss seine Trommelstöcke in die Hände von Alex Vesper. Seitdem sind die Fööss nun verjüngt unterwegs:
Mirko Bäumer: Gesang
Christoph Granderath: Gitarre, Banjo, Mandoline, Gesang
Pit Hupperten: Gesang, Gitarre
Hanz Thodam: Bass, Gesang
Andreas Wegener: Keyboards, Akkordeon, Gesang
Alex Vesper: Schlagzeug, Gesang
Hinter der Band liegen 54 Jahre mit kontinuierlich jeweils zwischen 200 und 250 Auftritten pro Jahr. Mittlerweile 44 Alben und mehr als 450 Songs sind die stolze Bilanz dieses halben Jahrhunderts musikalischen Schaffens.
Der Beitrag der Bläck Fööss zum Erhalt der kölschen Sprache ist allgemein anerkannt und viele Lieder aus ihrem weit mehr als 450 Titel umfassenden Fundus sind schon längst zu Evergreens geworden. Manche haben gar bereits den Status von Volksliedern und gehören fest zum kölschen Liedgut.
DIE BLÄCK FÖÖSS 2023:
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